2. Konzept der Digitalisierung in der Prozessindustrie

Die Prozessindustrie ist von zwei Wertschöpfungsketten geprägt. Dies sind die horizontale Supply Chain und der vertikale Asset Life Cycle, die beide in der Produktion zusammentreffen. Die Effizienz des Gesamtsystems wird maßgeblich durch die schnelle und übergreifende Verfügbarkeit von zuverlässigen Informationen aus allen Teilen der beiden Wertschöpfungsketten bestimmt. So kann eine Änderung der Rohstoffqualität Änderungen in der Produktion erfordern, die in der Prozessentwicklung eventuell bereits untersucht wurden und vorliegen. Die Digitalisierung wird hier einen deutlichen Fortschritt bringen und zur Steigerung der Prozesssicherheit, der Effizienz und schließlich der Wirtschaftlichkeit führen.
Eine zentrale Bedeutung wird dabei dem Digitalen Zwilling zukommen, der die Vorgänge in der Supply Chain und dem Asset Life Cycle abbildet (siehe Abbildung 1). Der Digitale Zwilling ist ein virtuelles Abbild der physischen Objekte, führt Daten und Wissen aus dem Asset Life Cycle und der Supply Chain zusammen und aktualisiert sie kontinuierlich. Zudem beinhaltet der Digitale Zwilling auch Modelle, die Abläufe und Zustände in der realen Welt simulieren. Dabei können die Modelle auf alle Daten aus der Supply Chain und dem Asset Life Cycle zugreifen und Zusammenhänge realisieren, die derzeit nicht sichtbar sind. Es kommen physikalisch basierte und moderne datengetriebene sowie hybride Modelle zum Einsatz. 

In dieser Form ermöglicht der Digitale Zwilling den schnellen und umfassenden Zugriff auf Informationen aus allen Bereichen. Darüber hinaus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten aus der modellgestützten Analyse der Daten, deren Ergebnisse dann in die reale Welt zurückfließen und diese beeinflussen. So kann die Vorhersage des Verschleißzustandes eines Bauteils auf Basis der Konstruktions- und Betriebsdaten erfolgen oder datengetriebene dynamische Prozessmodelle unterstützen die dynamische Optimierung der Prozessführung.

Selbstverständlich wird ein Digitaler Zwilling nicht vollständig die Supply Chain und den Asset Life Cycle abbilden, sondern kann sich auf Teilbereiche beschränken. Entscheidend ist aber der automatisierte kontinuierliche Datenabgleich mit der realen Welt, der noch zu entwickelnde standardisierte Datenmodelle erfordert. In Teilbereichen liegen solche Datenmodelle bereits vor. Auch die Entwicklung von geeigneten Modellen, die unterschiedlichste Daten einbeziehen, hat erst begonnen und bedarf noch Entwicklungsarbeiten.
Digitalisierung Prozessindustrie Bild
Abbildung 1: Schematische Darstellung des Digitalen Zwillings als Abbild der Wertschöpfungsketten der realen Prozesswelt,  dies sind die horizontale Supply Chain und der vertikale Asset Life Cycle (Quelle: Bröcker, Evonik)

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Inhalt

  1. Einleitung
  2. Konzept der Digitalisierung in der Prozessindustrie
  3. Begleitung der Digitalisierung der Prozessindustrie und Gestaltung von potentiellen infrastrukturellen F&E-Schwerpunkten
  4. Aktuelle Verbände und Arbeitskreise, die die Digitalisierung der Prozessindustrie gestalten
  5. Wichtige Veranstaltungen zur Gestaltung der Digitalisierung der Prozessindustrie
  6. Referenzen